Von März 2010 bis Dezember 2016 richtete das Hamburger Institut für Sozialforschung in Kooperation mit dem Einstein Forum Potsdam die Berliner Colloquien zur Zeitgeschichte aus. Zeithistoriker – so die Prämisse dieser Tagungen – sollten ihr Engagement nicht allein der Geschichtswissenschaft widmen, sondern auch zahlreiche andere Gebiete im Blick behalten und für soziologische, philosophische, psychologische und nicht zuletzt moralische Fragen offen sein. Dass Schriftsteller, Literatur- und Biowissenschaftler ebenso willkommen waren, dass der intellektuelle Austausch vor allem über nationale Grenzen hinaus geführt wurde, unterstreicht die Absicht, dem Unerwarteten Raum zu geben – in überschaubarer Größe und informeller Struktur. Im Grunde waren diese Zusammenkünfte als Laboratorien gedacht, als Forum für neue, provokante Ansätze und Ort des Ausprobierens verschiedener Wege. Unabhängig von den Zwängen des traditionellen akademischen Betriebs gaben sie mithin Raum für Gedankenexperimente – für eine oft geforderte, aber selten geförderte Art des Dialogs. Weder unverbindlich noch rigide, orientierten sich die Tagungen an drei miteinander verzahnten Leitsätzen: Das Ziel der Empirie ist die Theorie; die Theorie erprobt sich in empirischen Forschungen; der Stachel der Aktualität muss spürbar sein. Erst dann erfüllt Zeitgeschichte nämlich ihren eigentlichen Zweck: als Wissenschaft im Streit mit ihrer Zeit.
Die Berliner Colloquien zur Zeitgeschichte fanden vier Mal im Jahr statt. Der Mittelweg 36 berichtete regelmäßig in Gestalt von Aufsätzen, Diskussionsprotokollen oder Interviews.